Riobamba – Cuenca

Zweite Etappe, in der wir den Regen der Andenwelt kennenlernen und eine neue Sicht auf die Geometrie erhalten.

Nach ein paar Tagen bei Gynnas Gastfamilie in Riobamba starten wir wieder in Richtung Sueden. Gastbruder Wilo und Bergsteigerclub-Freund Luis begleiten uns auf dem ersten Tag mit ihren Raedern. Gastmutter Gloria und der enkelversessene Wilman begleiten uns mit als „Service-Team“ im Toyota und preisen alle paar Kilometer ihre leckeren Sandwiches und Colitas an.
Von Guamote bis Loja folgen wir der beruehmten Panamerikana, die auf diesem Abschnitt gluecklicherweise nur recht spaerlich befahren ist. Leider macht uns das Wetter am zweiten und dritten Tag einen Strich durch die Rechnung, so dass wir von der hier recht schoenen Andenwelt nur wenig zu sehen bekommen. Glueck im Unglueck: da wir die ganze Zeit in den Wolken fahren sehen wir auch die Steigungen nicht, die uns erwarten…

Unplanbar Je laenger wir unterwegs sind, desto klarer wird uns, dass wir die weiteren Etappen – und damit die weitere Reise – nur schwer planen koennen. Wetter, Strassenverhaeltnisse, Steigungen und Begegnungen – all dies ist nicht planbar, aber fester Bestandteil unserer Reise.
Die Kilometerangaben von Strassenschildern, Karte und Realitaet treffen nur selten einen gemeinsamen Nenner und selbst das geuebte Pfadfinderauge vermag den (leider recht grobmassstaeblichen) Karten nur hin und wieder topographische Gegebenheiten zu entlocken. Regen, Nebel, Wolken und Wind erschweren das Vorankommen ebenfalls und so lernen wir die Dinge zu nehmen, wie sie kommen – alles mit ein bisschen Zen zu betrachten: just do it!

Geometrie In Ecuador darf man getrost alles vergessen, was man jemals ueber Geometrie gelernt hat. Auf unsere Fragen nach den Strassenverhaeltnissen haben wir in den letzten Tagen stets „ebene Strecken“ ohne Steigungen vorausgesagt bekommen – hin und wieder mit einer Abfahrt, um am Ziel wieder auf der gleichen Hoehe wie beim Start zu sein. Meistens entpuppten sich diese Touren jedoch als wildes Hinauf und Hinab – die Horizontale begegnete uns nur kurz an den Hoch- und Tiefpunkten der Andenstrassen und wir fragen uns unwillkuerlich, ob das Konzept von „eben“ noch nicht in Ecuador angekommen ist…

Statistik Von Quito nach Buenos Aires geht es (statistisch gesehen) immer nur bergab (ca. 2850 Meter). Das halte ich mir gerne immer wieder vor Augen, wenn wir im Schneckentempo die Haenge hinaufkriechen. Gut, dass es so etwas wie statistiken gibt…

Optimismus Die Anden sind eine gute Uebung fuer angehende Optimisten: entweder ist die Strasse asphaltiert und hat keine Schlagloecher oder es regnet gerade nicht oder es ist gerade nicht kalt oder es geht gerade nicht bergauf oder es gibt gerade nur wenig Verkehr oder keine klaeffenden Hunde … Alles zusammen? Na, wir wollen es doch nicht uebertreiben!

Daecher Westhaenge in der Regenzeit: an manchen Tagen setzt der Regen ab dem fruehen Nachmittag ein, an anderen Tagen hoert es gar nicht mehr auf. In Cuenca regnet es (mit Pausen) seit einem Monat. In diesem Regen wird mit klar, was fuer einen unschaetzbaren Wert Daecher haben. Bushaltestellen, Vordaecher, Garagen, Cafes – alles, was einem Bewegungsfreiheit ohne Naesse gewaehrt. Paradox: da reisen wir mit teurer Ausruestung durch die Anden und lernen das wenige, was die Menschen hier haben, als wahren Luxus kennen :o)

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2 Kommentare

  1. Philine

    Ist das schön, von euch zu lesen! Leider waren die letzten Tage so voll, dass dafür keine Zeit blieb. Dein kleiner Patensohn Kolja ist jetzt gross genug, um sein Unglück sehr laut in die Welt zu schreien. Heute hat er alles bisherige getoppt und jetzt ist er ENDLICH ENDLICH eingeschlafen. Wir schonen die Ohren und lesen lieber statt Musik zu hören. Wohnungssport ist das, den kleinen Riesen durch die Gegend zu schleppen!

    Radeln mit Kolja dauert noch 1-2 Monate (dann darf er erst in den Anhänger) insofern: Radelt für uns mit!!!

  2. Ina

    Schön von Euch zu lesen! So weiß man doch, dass es Euch gut geht und alles so kommt, wie Ihr es erwartet habt, oder hab ich da was falsch verstanden?