Ein paar Tage ohne Internetzugang und schon wird man mit einer riesigen Ansammlung von Erlebnissen konfrontiert, die gar nicht mehr bloggerecht zu bewaeltigen sind…
Wir haben wieder sehr viel erleben, kennenlernen, hoeren, sehen
und schmecken duerfen. Dabei haben wir wieder einmal die kalten und verregneten Anden ueberquert, ein tropisch-heisses Amazonasgebiet durchfahren und sind nun schon seit ein paar Tagen in der Wueste unterwegs. Zudem haben wir eine Menge interessanter und liebenswerter Menschen kennengelernt, 6 Inka und Vorinka-Ruinen besucht, an wunderschoenen Plaetzen gezeltet und bestimmt fast 20 Platte Reifen geflickt (allesamt von Gynna). Hier ein paar der Highlights (tut mir leid, dass es diesmal ein wenig laenger geworden ist…):
Kuelap Die bisher wahrscheinlich mystischste Runie unserer Reise war die ehemalige Dorf- und Festungsanlage von Kuelap in der Naehe von Chachapojas. Aufgrund der schlechten Piste und der beachtlichen Hoehenunterschiede haben wir uns zu einem touristischen Tagesausflug hinreissen und im Collectivo fast direkt bis zur Ruine kutschieren lassen.
Die Prae-Inka-Ruinen wurden mit der Zeit von der Natur zurueckerobert und bezaubern den Besucher vor allem mit ueberwucherten Steinmauern und der Lage in den Wolken. Da die Anlage auf einem Berggipfel liegt wurde Kuelap erst recht spaet entdeckt – und aufgrund der abgeschiedenen Lage wird es taeglich maximal von 30 Touristen besucht (wir waren zu acht) – zum Vergleich: Machu Pichu hat taeglich ca. 3.000 Besucher!
Die mystisch-bezuabernde Welt Kuelaps ist schwer in Worten wiederzugeben, so dass ich an dieser Stelle lieber auf die Galerie verweisen moechte. Fuer mich gehoerten die drei bis vier Stunden auf dem Berggipfel in dieser Postkartenwelt zu den kulturellen Hoehepunkten unserer bisherigen Reise und ich kann jedem Perureisenden nur empfehlen, die (leider recht beschwerliche) Anreise in Kauf zu nehmen und (leider haben wir das nicht getan) den Schlafsack einzupacken, um mindestens einen ganzen Tag dort oben zu verbringen.
Gepaeckminimierung Seit einigen Tagen verfolgt Gynna eine recht eigenartige Strategie zur Gepaeckminimierung, die ich noch nicht ganz durchschaut habe, die aber bestimmt einen tieferen Sinn verfolgt.
Es fing mit den Buechern und Karten an, die irgendwann nicht mehr aufzufinden waren und gipfelte (bisher ;o) mit dem Liegenlassen von Regenjacke und Vliespullover waehrend der Besichtigung der Ruinen von Kuelap. Als wir zum Ausgangspunkt unseres Rundgangs zurueckkehrten waren die hier in aller Einsamkeit zurueckgelassenen Kleidungsstuecke nicht mehr aufzufinden. Da es aber in den Anden viel regnet und oft sehr kalt ist, musste also Ersatz beschafft werden – ein nicht ganz einfaches Unterfangen, wie sich in den folgenden Tagen herausstellen sollte. Der Vlies konnte zwar durch einen NY-Kaputzenpullover ersetzt werden, aber die Regenjacke bereitete wirkliche Probleme, denn auf der Suche auf dem Markt und in diversen Kleidungsgeschaeften wurden uns statt einer „wasserdichten Regenjacke“ immer wieder Baumwollpullover vorgehalten – und das in einer Welt, in der es staendig regnet! Wieder ein ungeklaertes Fragezeichen, das uns noch einige Tage auf dem Weg begleiten wird…
ps. Inzwischen haben wir in Cajamarcas einen adaequaten Ersatz fuer die Jacke gefunden: eine rot-schwarze Columbia-Jacke – alsolut sexy und „natuerlich Original“ – ich frage mich nur, warum die Waschanleitung chinesisch ist und warum es im Slogan auf der Rueckseite nur so von Fehlern wimmelt ;o)
Huckepack nach Celendin Ueber den naechsten wolkenverhangenen Pass nach Celendin ging es wegen der „extrem schlechten und gefaehrlichen Piste“, der vielen Hinaufs und Hinabs und der fehlenden Regenjacke im Bus. Die Raeder fanden auf dem Dach ein sonniges Plaetzchen und haben sich bestimmt gefreut, nicht weiter ueber die Anden gescheucht zu werden. Leider entpuppte sich die „gefaehrliche Piste“ als durchaus radelbare Strecke – aber Hoehen und Wolkenfelder waren nicht zu verachten, so dass wir mit der Entscheidung, einen (halben) Ruhetag einzulegen, doch recht froh waren – zumal der Bus fuer die knapp 250 Kilometer ganze 14 Stunden gebraucht hat!
Cajamarca Von Celendin ging es mit dem Rad weiter nach Cajamarca, wo wir uns den Stuhl Atahualpas und das „Cuarto del Rescate“ angesehen haben – einen Raum von beachtlicher Groesse, den der letzte Inkaherrscher bis zur Hoehe seines ausgestreckten Armes mit Gold fuellen liess, um sich von den Spaniern freizukaufen (umgebracht haben sie ihn dann trotzdem…). Es folgten ein Besuch bei den Ventanillas von Otusco und diverse kleine Stadtrundgaenge durch die wirklich schoene (leider auch wieder etwas touristischere) Andenstadt.
Kueste Nach Cajamarca haben wir uns wieder auf eine Hoehe von ca. 3.200 Metern hochgeschraubt (im Vergleich zu Ecuador sind die Steigungen in Peru nicht so extrem und die Strassen daher meistens wesentlich besser zu radeln), um dann eine 178 Kilometer lange Abfahrt bis aufs Meeresniveau geniessen zu koennen. Die Reise fuehrte uns auf langen Serpentinen mit ueppiger Vegetation durch vier Wolkenschichten hinab durch schwuel-warme Reisfelder bis an die trockene Kuestenwueste Perus. Ein absolut faszinierendes Erlebnis, das auf einmal mit einer riesigen Sandkiste und Sonnenuntergang am Pazifik endet!
In einer (neuzeitlicheren) Ruine fanden wir mit unserem Zelt einen geschuetzten Platz fuer unsere erste Uebernachtung in der Wueste – und nicht weit entfernt dann am naechsten Morgen in einer kleinen Oase die Sandpyramiden von Pacatnamu, die ebensogut in Aegypten stehen koennten.
Polizeieskorten Gerade wollte Gynna sich ueber die staendig und scheinbar ueberall herumschleichenden Polizisten wundern, da werden wir auch schon von ihnen angehalten: woher wir kommen, ob uns die Reise gefaellt und wohin wir wollen (die immer wiederkehrenden Fragen, die wir inzwischen fast im Schlaf beantworten koennen) – all dass wussten sie bereits durch ihre Kollegen, die uns am Morgen angehalten hatten. Diese beiden hier wollten uns wegen des bald einsetzenden Sonnenuntergangs nur zu einem Hostal begleiten, in dem wir sicher uebernachten koennten – schliesslich sei die Fahrt durch die Kuestenwueste nicht ganz ungefaehrlich. Am naechsten Morgen wuerden uns dann weitere Kollegen in Empfang nehmen und sicher nach Trujillo begleiten…
Wahrscheinlich haben wir ziemlich dumm dreingeschaut – da begleitet uns die Polizei einen kompletten Tag lang im PKW und sichert unsere Reise durch die Kuestenregion und wir bekommen davon nicht mal etwas mit, sondern regen uns noch fast darueber auf, dass die Kollegen in Uniform „ueberall“ mit ihren dicken Einsatzfahrzeugen herumschleichen. Auf jeden Fall haben wir uns in den folgenden Tagen ziemlich sicher gefuehlt ;o)
Kuestenwueste Zwei Tage lang haben wir uns von der (eher erbaermlichen) Ciudad del Dioz durch die Wueste nach Trujillo gekurbelt – immer an der peruanischen Kueste entlang auf der beruehmten Panamericana – und immer mit gehoerig Gegenwind. Kaum zu glauben, dass wir noch vor wenigen Tagen in wolkenverhangenen Hoehen unterwegs waren – und dass unsere Koerper dieses ganze Durcheinander mitmachen! Immer wieder Winter, Sommer, Meeresniveau und Dreitausender – und das alles wild durcheinander mit nur wenigen Tagen Abstand…
Casa de Ciclista Trujillo In Trujillo angekommen wurden wir nach einem kleinen Krankenhausbesuch (mein sonst recht viel gewoehnter Magen schlaegt gerade einige wilde Capriolen) auf der Strasse von der Tochter Luchos abgefangen und direkt zu seiner Casa de Ciclista eskortiert. Zwei Tage lang haben wir hier bei der ausgesprochen liebenswerten Familie gewohnt und zusammen mit Tourentreter Heinz Stuecke die grossen Prae-Inka-Sehenswuerdigkeiten der riesigen Oase angesehen (Trujillo ist mit knapp einer Million Einwohner die drittgroesste Stadt Perus): die ehemalige Wuestenstadt Chan Chan (die ihrerzeit wahrscheinlich sogar einmal die groesste Stadt der Welt gewesen ist), den Huanca del Sol und Huanca de la Luna (zwei Lehm-Tempel, die aus jeweils ca. 140 Millionen Adobes errichtet wurden) und den mitten in der Stadt gelegenen Huanca del Dragon. Weitere Highlights waren die vielen lustigen Gesprache mit Heinz Stuecke, der seit ueber vierzig Jahren ohne Pause (also hauptberuflich) mit seinem Fahrrad durch die Weltgeschichte ist (keine Sorge – dem werden wir wahrscheinlich nicht nacheifern ;o)
Canon del Pato Nach zwei Tagen Aufenthalt in Trujillo haben wir uns wieder auf die Raeder geschwungen und uns (ein wenig suedlich) wieder auf den Weg in die Anden begeben. Der Weg fuehrte uns entlang des Rio Santa durch farbenfrohe sandige und steinige Schluchten und den extrem engen Canon del Pato mit seinen 48 in den Fels gesprengten Tunneln nach Caraz in die Naehe der Cordillera Blanca. Inzwischen weiss ich nicht mehr, mit welchen Attributen ich die faszinierende Bergwelt hier noch beschreiben soll. Gerade noch gruene Hange hinabbrausend finden wir uns nun auf einmal in einer Gegend wieder, in der man durchaus „Spiel mit das Lied vom Tod“ haette drehen koennen. Die Raeder mussten auf den Schotter- (nein, besser Stein-)pisten zwar ziemlich leiden, aber die Landschaft und die Einsamkeit waren es wert, die nur wenig befahrene Strasse zu waehlen. Demnaechst gibt es auch ein paar Belegfotos…
Update Inzwischen sind wir in Caraz angekommen und werden uns gleich auf den Weg gen Huaraz machen, von wo aus wir eine kleine Exkursion in die schnee- und gletscherbedeckte Bergwelt der Cordillera Blanca unternehmen wollen. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzaehlt werden…
Ulla
Hallo Ben, bei diesen doch recht ausführlichen Beschreibungen fragen wir uns, wann ihr denn noch Zeit habt, die ganzen beschriebenen Sachen zu machen?!
Weiterhin gut eskortierte Reise! Wünschen ulla und nicole
Philine
Uj, schreibt doch auch mal, wieviel Tage ihr unterwegs seid, das ist so schwer vorstellbar.