Wir haben die menschenleere Steppe zwar noch nicht wirklich hinter uns – um genauer zu sein stecken wir mitten drin – dennoch ein kleiner, zwischenzeitlicher Lebensgruss aus dem rauhen, stacheligen Chaco.
Auf nach Paraguay – Ja, wir sind mittlerweile in Paraguay angekommen. Doch bis hierhin war es noch ein weiter Weg. Dies lag weniger an der Distanz als vielmehr an der Wegbeschaffenheit: Es gibt nach unserer Erkenntnis zwei Wege, um vom suedlichen Teil Boliviens nach Paraguay zu kommen. Laut Reisefuehrer und Berichten von Ortskundigen sind beide Wege mehr oder weniger abenteuerlich. Und beide haben gemein, dass man einige 100 km fahren muss, um wieder in die Zivilisation zu kommen. Da wir ja wussten, dass man mit dem Chaco nicht spassen sollte, haben wir uns vorher natuerlich gut (und zur Sicherheit mehrfach!) erkundigt, um den „besseren“ Weg auszuwaehlen. Der kuerzere Weg sollte zwar weniger Asphalt haben als der andere Weg, aber durchaus befahrbar sein – und „Naturstrassen“ koennen uns ja nicht mehr abschrecken… Nachdem wir Christian, unseren treuen Radreisegefaehrten, mit dem wir (mit einer kleinen Unterbrechung) gemeinsam von La Paz bis fast an die Grenze zu Paraguay gefahren sind, verabschiedet haben, ging es los.
Mit einem letzten Bergchen, einem letzten Andenauslaeufer haben sich die Anden, unsere fuer 3 Monate treuen Weggefaehrten, von uns verabschiedet. Danach bekamen wir eine Ahnung von dem grossen, dornigen Landstrich, den wir nun auf ca. 700 km zu durchqueren hatten. Ein bisschen irritiert waren wir dann schon doch bald von der extrem schlechten, steinig und sandigen Wegbeschaffenheit und Ben waere beinahe umgekehrt, um dem Militaer, der uns einen „reinen Asphalt“ auf der Strecke vorausgesagt hatte, den Hals umzudrehen. Doch nach 60 km trafen wir noch einmal auf eine Siedlung, wo uns bestaetigt wurde, dass der Weg – je naeher man zur Grenze faehrt – immer besser werden wuerde. Frohen Mutes ging es also immer tiefer in den Sand hinein, bis wir am zweiten Tag schon nach wenigen Kilometern nur noch schieben konnten. Etwa 30 km vor der Grenze trafen wir auf eine Traktorkaravane der Mennoniten aus Paraguay. Sie waren gerade dabei, ihr Mittagessen am Wegesrand vorzubereiten. Weiterfahren wollten sie an diesem Tag nicht, denn es war ja Sonntag; der Tag an dem sie nicht arbeiten. (mit dem Ausruf „Oh, heute ist Sonntag, ich dachte es waere schon Dienstag“, habe ich mich natuerlich gleich als schlechte Christin entpuppt…). Voellig unverhofft, 7 blonde und 30er Jahre-maessig aussehende Maenner mit kleinen, alten Traktoren und Planwagen im Nirgendwo anzutreffen war schon etwas skurril. Doch sie waren sehr nett und gluecklicherweise konnten wir bei Ihnen auch unsere letzten Bolivianos in Guaranis eintauschen. Immerhin haben wir so fuer nur 270 Bs 140.000 Gs gekriegt. Das schien ein guter Deal fuer uns gewesen zu sein…
Voellig erschoepft und desillusioniert kamen wir dann nach 5 Stunden Geschiebe und knapp 18 km durch tiefen Chacosand an der Grenze in Paraguay an. Nein, wir haben in diesem Moment nicht Bolivien und den damit verbundenen immer und ueberall erfahrenen Falschaussagen hinterhergetrauert, sondern unsere Hoffnung darauf bezogen, dass nun in Paraguay alles besser werden wird… in erster Linie die Strassen!
Ankunft in Paraguay – und jetzt?! – Sehr freundlich und ein bisschen fassungslos wurden wir an der Grenze von den paraguayanischen Militaers empfangen. Sie waren wirklich ruehrend darum bemueht, uns zu verwohnen und aufzupaeppeln. Vielleicht auch ein wenig aus Mangel an sonstigen Aufgaben?! Die paar LKWs, die in der Woche von ihnen kontrolliert werden muessen halten noch keine drei Militaer beschaftigt. Und auch das regelmaessige „internationale“ Fussballspiel gegen die bolivianischen Kollegen vom 2 km entfernten Grenzposten sind vermutlich nicht ganz auslastend… Wie dem auch sei – wir konnten zumindest kraeftig von ihrer Gastfreundschaft profitieren. Gleich wurde uns Wasser, Matetee und Whisky angeboten und wir konnten unser Zelt ohne Probleme unter dem Vordach des Militaerpostens aufbauen und uns lekker bekochen lassen (Steinbock). Leider mussten wir hier aber auch erfahren, dass der Sand noch wesentlich mehr und tiefer werden wird und wir erst nach 100 km wieder auf mit dem Fahrrad zu befahrenen Asphalt kommen werden. Die Vorstellung, unsere Raeder eine Woche durch den Sand zu hiefen war uns dann doch zu bloed, zumal wir bei dieser Aktion vermutlich auch verdursten wuerden – oder von den vielumsagten Tigern, Leoparden, Pumas und Loewen verschlungen worden waeren. Wir beschlossen also, dass wir auf einen LKW warten werden, der uns bis zum Asphalt mitnimmt. LKWs, die den einzigen Verkehr ist auf dieser fast nicht zu passieren Strecke darstellen, gibt es zwar nur sehr wenig – alle paar Tage einmal, doch wir hatten wieder einmal Glueck. Die Militaers setzten sich mit ihren Kollegen von der weiter im Land liegenden Nachbarstation in Verbindung und konnten erreichen, dass am naechsten Tag ein LKW den kleinen Extraweg von ihrer zu unser Station auf sich nahm um uns abzuholen. Das war ein sehr erleichterndes Gefuehl der Rettung, als dieses uebergrosse Geschoss – das groesste Taxi der Welt (ein Siebeneinhalbtonner!) da auf das Gelaende gefahren kam um uns abzuholen.
Nun ging es 6 Stunden in der Fahrerkabiene mit den 4 zunaechst etwas suspekt erscheinenden Zigarettenschmugglern durch wirklich scheusslichsten, feinsten Sand zum Asphalt. Obwohl die Jungs ununterbrochen Whisky mit Cola tranken und rauchten, wurden wie uns waehrend der Fahrt doch noch ganz symphatisch. Selten haben zwei Nichtraucher so von Rauchern profitieren duerfen…
Der Chaco – Der Chaco ist schwer zu beschreiben. Er ist unvorstellbar gross, trocken, stachelig, gleichbleibend meditativ, fast unbewohnt, dornig, sandig, stark von Voegeln (vor allem Papageien) belebt und voellig flach. Gluecklicherweise sind wir zu einer guten Jahreszeit gekommen. Es ist recht kalt und vergleichsweise windstill. Zu anderen Jahreszeiten erreicht der Chaco unmenschliche Temperaturen von ueber 40 Grad, es wimmelt nur so von Insekten und die Winde schlagen einem den Sand direkt ins Gesicht. Die Strassen des Chacos reichen bis in den Horizont. Wenn einmal ein Verkehrsschild oder gar eine Kurve in weiter Ferne erscheint, wird unser Auge wie magisch auf diese Veraenderung gebannt… auf Grund der Abwesenheit anderer Reize. Zum Glueck gibt es so gut wie keinen Verkehr – und der Asphalt ist sehr gut. So haben wir viel Zeit zum plaudern… und spinnen… und Reiseerinnerungen verdauen… Hier ein kleiner Auszug aus Bens
Chaco-Rap
Dornenbusch . . Dornenbusch . . Dornenbusch . . Dornenbusch . . Dornenbusch . .
weitertreten . weitertreten . weitertreten . weitertreten . weitertreten . weitertreten
. . Baum . . . . . Baum . . . . . Baum . . . . . Baum . . . . . Baum . . . . . Baum . . .
. Strommast . . . . . . Strommast . . . . . . Strommast . . . . . . Strommast . . . . .
. . . Vogeltraeller . . . Vogeltraeller . . . Vogeltraeller . . . Vogeltraeller . . . Vogeltraeller
. . . . . . . . . . . Greifvogel . . . . . . . . . . . Greifvogel . . . . . . . . . . . Greifvogel
Apshaltstrasse . . Asphaltstrasse . . Asphaltstrasse Schlagloch Asphaltstrasse . .
. . . . . . Fuchs . . . . . . . . Guerteltier . . . . . . . . Fuchs . . . . . . . . Guerteltier . .
Kilometerstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kilometerstein . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . Kurve (willkuerlich einmal je 70 Kilometer einzuwerfen) . . . . . . . . . .
Filadelfia – Mittlerweile sind wir in der Multikulti-Auswanderersiedlung der Mennoniten in Filadelfia angekommen. Von hieraus sind es noch knapp 500 km bis nach Asuncion zur Hauptstadt des Landes…
Lutz
Tja, ich wusste es schon immer – Sand ist für den Strand erfunden worden und nur da gehört er auch hin. Aber jede Eurer durchfahrenen Landschaften scheint sich durch eine gewisse Konsequenz auszuzeichnen, das ist ja auch nicht schlecht, dann bleibt die Erinnerung klarer… Hier in Deutschland hat sich jetzt auch konsequentes Wetter durchgesetzt – eine „sehr stabile Hochwetterlage“ von 28 Grad, und die Leute sind wirklich alle so ausgelassen, dass man kaum glauben mag, dass es Deutsche sind. Und die EM geht los am Samstag! Also insofern ist hier soweit alles ganz locker. Und Euch zwei kann so langsam sicher gar nichts mehr schocken.
Wird es eigentlich noch sinnvoll sein, nach Eurer Rückkunft kleine Fahrradtouren mit Euch zu machen, z.B. um Berliner Seen – oder kommt Ihr dann nur mit voller Ausstattung (oder gar keiner wie in der Salzwüste), werft Euch jeden (2-Meter-) Abhang runter, diskutiert an jeder Biegung mit Beschilderung nur anhand des Kompasses und balgt Euch um das einzige Schlagloch weit und breit? Nun, man wird sehen. Weiterhin jutet Radeln…
Lutze
jan
liebste gynna,
auch wenn hier die sonne und meine ganze familie schon zu bett gegangen sind, möchte ich dir doch von uns allen ganz doll zum geburtstag gratulieren. wir drücken und knutschen dich und sind in gedanken bei euch.
wir verschlingen jeden eurer berichte und wünschen euch noch eine wunderschöne zeit.
alles liebe
dein jan
ps. karla kolummna ist wohlbehalten angekommen und einsatzbereit…
Wiebke
Hallo Gynnie,alles Gute zum Geburtstag wünschen dir die Langballiger.Nun radelt mal schön damit ihr euren Flieger auch kriegt.Wir freuen uns auf euch. Liebe Grüße Wiebke
Wiebke
auch von mir noch alles gute….nachträglich. schicke dir auch eine dicke umarmung und alles liebe.wiebke
Philine
Geburtstagswünsche auch von uns.
Kolja wünscht sich als konsequente Landschaft Gras Baum Gras Baum Gras Baum
denn da kann man so gut dran rumrupfen
ben
hoilutze,
natuerlich machen die Ausfluege zu den Berliner Seen mit uns noch Sinn! Zwar muessen wir Gynna dann wahrscheinlich davon abhalten, mitsamt Rad baden zu gehen, aber wenn der Kasten Flens an Land bleibt, dann duerfe sie auch frueher oder spaeter von selbst wieder an Land kommen ;o)
Viel Spass im WM-Fieber und mit dem heissen Sommer – wir machen uns jetzt auf den Weg gen Winter in Brasilien, Uruguay und Argentinien…