Rio Grande – 33 – La Paloma

Von Torres aus ging es die suedbrasilianische Kuestenstrasse entlang weiter ueber Rio Grande nach Melo und Treinta Y Tres in das uruguayanische Hinterland – und von dort aus wieder an die Kueste…

Gastfreundschaft – Wie bereits geschrieben, werden die landschaftlichen Highlights der Andenlaender hier in den La Plata Laendern durch alltaegliche zwischenmenschliche Begegnungen abgeloest. „Por cualquier cosa!“ heisst es immer wieder – „fuer alles, was ihr brauchen koenntet!“.
Der Drang, mit uns Reiseradlern zu Teilen, ist hier weit verbreitet: Vor ein paar Tagen uebernachteten wir am Rande eines Feldwegs gegenueber einer kleinen Farm. Der Farmer – ein etwa sechzigjaehriger Junggeselle – begruesste uns mit einem grossen Becher Wein in der Hand und brabbelte in „brasilienio“ auf uns ein, waehrend wir das Zelt aufschlugen und die Raeder versorgten – dass wir nur einen Bruchteil davon verstanden schien ihn dabei nicht weiter zu stoeren. Als Dankeschoen fuer das freundliche Willkommen habe ich ihm sein Rad aufgepumpt und Gynna hat ihm eine frische Empanada ueberreicht – und kurz darauf stand er mit einer dicken Scheibe frischer Mortadella bei uns am Zelteingang…

Uruguay – Wer die Reiseroute in den letzten Tagen betrachtet hat, wird es schon mitbekommen haben: wir sind in Uruguay und haben einen kleinen Exkurs durch das Hinterland der Gauchos unternommen. Die Landschaft praesentiert sich eher unspektakulaer: schier endlos rollende Grashuegel, die in erster Linie von Rindern, Pferden und Schafen bewohnt werden. Nur vereinzelt wird die allgegenwaertige Ereignislosigkeit durch eine kleine Bauminsel oder ein paar Farmgebaeude unterbrochen. Irgendwie erinnert uns die Landschaft an die Norddeutsche Tiefebene und man koennte fast meinen, wieder in der Heimat angelangt zu sein, wuerde es nicht ueberall diese wunderschoenen Oldtimer auf den Strassen geben (die Autos sind in Uruguay nach wie vor sehr teuer in der Anschaffung, so dass sie extrem gut gepflegt und lange gefahren werden) oder wuerden die Einheimischen nicht mit ihren Pferdekarren zum Einkaufen in die Staedte fahren…

Funk und Fernsehen – Beim Einkauf in der kleinen Stadt mit dem lustigen Namen Treinta y Tres (33) sind wir durch Zufall einem Fernsehteam in die Arme gelaufen – und wurden gleich von ihnen festgehalten und als Beitrag fuer die 19 Uhr Nachrichten im Fernsehen und das Radio interviewt.
Die neue Technik und eine relativ hohe Arbeitslosigkeit haben in Uruguay dazu gefuehrt, dass jede Distrikthauptstadt ihren eigenen Rundfunk und ein eigenes Fernsehen produziert. So werden die etwa 5.000 Einwohner der kleine Grenzstadt Chui zum Beispiel von drei lokalen Radiosendern versorgt – kein Wunder also, dass wir auch hier auf der Strasse aufgegriffen und ins Studio geschliffen wurden, um unsere Geschichte hier auch noch einmal zum Besten zu geben…

Bunte Hunde – Seit den kleinen Auftritten fuehlen wir uns auf den Raedern wie “bunte Hunde” (schreibt der Radler in freundlichem schwarz…): im Morgennebel kommt uns auf einsamer Landstrasse ein Fussgaenger entgegen, der die Arme in die Luft hebt und uns froehlich mit “Alemania!” begruesst, ein Automechaniker ruft uns zu sich und ueberreicht uns als Andenken eine Fahne des Lionsclubs, die Autofahrer hupen und winken noch haeufiger als gewohnt und der Farmer, bei dem wir vor zwei Tagen gezeltet haben, kannte uns ebenfalls bereits aus dem Fernsehen…

Ausblick Das Kreischen der Seevoegel, Rauschen der Brandung, Kuestennebel am Morgen und die steife Briese werden uns auch in den kommenden Tagen begleiten, waehrend uns unsere Route weiter an der Kueste entlang bis nach Montevideo und von dort nach Buenos Aires fuehren wird…

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5 Kommentare

  1. Lutze

    Hallo Ihr beiden!
    Ich war mit meiner Katja eine Woche Fahrradfahren an der schönen Saale und habe natürlich an Euch dabei gedacht. Wir hatten dreißig Grad, Sonne ohne Ende, Flussschleifen, Weinberge, wogende Kornfelder und geschichtsschwere Städtchen am Weg. In der Nähe von Halle fühlten wir uns aber wie Ihr (nur dass Ihr Euch wohl dran gewöhnt habt) – null Infrastruktur, Staub, Hitze, konturloses Flachland, und wir mussten nach dem Aufstehen 30 km fahren, um einen Kaffee aufzutreiben. Also ICH kann ohne Kaffee ja ganz schlecht radfahren. Und einen blauen A**** habe ich auch gehabt. Aber ich war nach einer Woche schon so eingefahren, dass ich jetzt täglich Sehnsucht nach Streckemachen habe – wie wird das Euch wohl gehen nach einem halben Jahr Landstreicherei?
    (PS: Hat Treinta y Tres mit dem leckeren Likör zu tun? Falls ja, heisser Tip: 33 kaufen, auf dem Herd kurz aufköcheln, Schlagsahne druff, heiss genießen. Hmm!)

  2. Felicitas

    Hallo hallo,
    es ist unglaublich, während ich meine Alltagsroutine verfolge fahrt ihr so schnell durch Südamerika dass ich es verpasst habe, Euch mit meiner Freundin in Sao Paolo zu verkuppeln. Falls ihr da überhaupt vorbei gekommen seid.
    Tolle Berichte und Fotos, bin schwer beeindruckt.
    Felicitas

  3. H:D.Brix

    Hallo Ihr Zwei. Toll, bis zu den letzten Kilometern werden wir immer noch regelmaessig mit Informationen von Euch versorgt. Da muss man sich als Vater und Mutter ja fast gar keine Sorgen machen. Aber brenzlige Situationen werden gottlob eh nicht zum Thema gemacht, um die Daheimgebliebenenen nicht zu beunruhigen. In der FAZ vom Sonntag sah ich, dass in Buenos Aires zur Zeit die gleiche Temperatur herrscht wie in unseren Breiten. Jeden Tag 18 Grad, Wind und gelegentliche Schauer. Nur das dieses bei uns Sommer genannt wird ist bloede.
    Wir wünschen Euch schoene letzte zwei Wochen in Suedamerikas Winter und dann einen guten Flug zurueck. Wir sind voller Vorfreude auf den 2. August und auf unser Wiedersehen. Papa Brix

  4. Philine

    Ihr Lieben, so bald schon?
    Wir melden schon mal: Aufenthlat in S-H bis ca. 5. August. Treffen wäre toll, geht ja aber später in BRX auch, oder Ende Okt in B.
    Kolja fährt Fahrrad im Hänger, das nächste mal will er bei euch mit!

  5. Juliane

    hej ihr beiden!
    dann trefft ihr ja schon bald wieder ein! aber wohin wird es euch dann ziehen? also kassel liegt wunderbar zentral und ich freue mich immer auf euren besuch!