Gedichte und Gedanken, in denen es um das Reisen und die Veränderung geht.
Aufbrechen ist der schwerste Schritt. Was muß am Anfang einer Reise aufgebrochen werden? Gewohnheiten, Ängste, Resignationen? Reisen ist zugleich eine Suche nach körperlicher, geistiger und seelischer Beweglichkeit.
Bewegung war eine wichtige Grundlage zum Überleben. Unsere Vorfahren überlebten nur, weil sie sich bewegen konnten. Urbanisierung, Industrialisierung und Motorisierung haben diese Überlebensgrundlage obsolet gemacht.
Entfremdung tritt dort ein, wo wir nicht mehr auf die wichtige Lebensgrundlage der Bewegung angewiesen sind. In unserer modernen Kunstwelt sind wir unabhängig vom Wetter, von Tag und Nacht und von vielen körperlichen Anstrengungen. Verlieren die Füße da nicht langsam die Bodenhaftung?
Erfahrung „Einmal selbst sehen ist mehr wert als hundert Neuigkeiten hören.“ (Japanisches Sprichwort)
Heimkehren bedeutet, dass die Mühseligkeiten des Alltags neu bejaht werden müssen. Was bringen Reisende für sich und andere Menschen mit? Während sich das Äußere durch das Reisen nicht ändert, kann die innere Einstellung zu den Mühseligkeiten des Alltags anders angenommen und angegangen werden.
Heimweh bezeichnet nicht nur den Wunsch nach einer „Heimat“ und gewohnten Dingen, sondern kann auch positiv sein: die im Alltag grau gewordene Umgebung wird aus der ferne plötzlich mit neuen Augen betrachtet und idealisiert. Dabei entsteht die Chance, der Heimat ein paar neue Seiten abzugewinnen.
Industrialisierung bedeutete auch eine Veränderung des Raumes: er wurde zum Hindernis, das es zu überwinden galt. Zeit ist Geld – Geschwindigkeit ist Zeit ist Geld. Die Wahrnehmung des Raumes verblasst.
Nähe „Wie fern bin ich den Menschen, wenn ich bei ihnen weile, und wie nahe, wenn ich fern von ihnen bin.“ (Khalil Gibran)
Physische Herausforderungen fördern die Entwicklung der Persönlichkeit: der Mensch testet seine Grenzen in extremen Situationen und erzielt so eine Selbsterfahrung, die im Alltag nicht möglich ist.
Pilger haben kein äußeres, sondern ein inneres Ziel. Sie opfern der Suche nach diesem inneren Ziel (obgleich das eine unerfüllbare Sehnsucht ist) ihr kostbarstes Gut: einen Teil ihrer Lebenszeit. „Du kannst nicht auf dem pfad gehen, bevor Du nicht Pfad geworden bist.“ (Bhudda)
Reisesegen „Möge dein Weg dir freundlich entgegenkommen / möge der Wind dir den Rücken stärken. Möge die Sonne dein Gesicht erhellen / und der Regen um dich her die Felder tränken. / Und bis wir beide, du und ich, uns wiedersehen / möge Gott dich schützend in seiner Hand halten.“ (Irischer Reisesegen)
Sehnsucht „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen und Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer.“ (Antoine de Saint-Exupéry)
Selbsterfahrung als Ziel des Reisens: das Meistern von Herausforderungen und Aufgaben vermittelt Erfolgserlebnisse, die dem Menschen helfen können, um über seine Ängste und Sorgen hinaus zu wachsen.
Tourismus als gesellschaftliche Antwort auf den Sinnverlust?
Unvoreingenommenheit „Wer reisen will, muss zunächst Liebe zu Land und Leute mitbringen, zumindest keine Voreingenommenheit. Er muss guten Willen haben, das Gute zu finden anstatt es durch Vergleiche tot zu machen.“ (Theodor Fontane)
Urlaubsreisen sind heute mehr denn je eine Sache der Phantasie. Der Mensch schlüpft in verschiedene Rollen, um sich auszuprobieren oder zu genießen. Ferien vom Ich: sei es als Entdecker auf einem Abenteuerurlaub oder als Mitglied der oberen Zehntausend auf einer Kreuzfahrt.
Veränderung „Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen willst.“ (Mahatma Gandhi)
Verzicht „Reich sind die Menschen, die auf das meiste verzichten können.“ (Tagore)
Verzicht war ein wichtiges Merkmal der nomadisch lebenden Menschen. Im heutigen Tourismus gilt das Gegenteil: unsere heutigen Reisen sind der Versuh, zurück in die urprüngliche Wildnis zu gelangen.
Vorurteile „Reisen ist tödlich für Vorurteile.“ (Mark Twain)
Wahres Reisen darf mühselig und beschwerlich sein, muss aber freiwillig und beendbar sein (weder Flucht noch Zwang).
Wege brachten Leben, denn das Unterwegssein auf der Suche nach Nahrung gehört von Anfang an zum menschlichen Dasein. Wer da vom Wege abkam starb im Sumpf oder verirrte sich im Wald. Kein Wunder, dass Wege auch immer zugleich eine religiöse Dimension bekamen.
Zufall und Unvorhersehbarkeit, Überraschung und geistige Freiheit gehören unbedingt zum Reisen dazu.